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Der Ortsverband diskutiert: Hände weg vom Achtstundentag!
Mitgliederversammlung diskutiert geplante Arbeitszeitreform der Bundesregierung.
Auf unserer jüngsten Mitgliederversammlung stand ein zentrales Thema im Fokus: Die von der neuen Bundesregierung unter Friedrich Merz geplante Reform der Arbeitszeitregelung. Die drohende Abschaffung des Achtstundentags zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden lehnt der Ortsverband entschieden ab!
Historische Errungenschaft in Gefahr
In einem Kurzvortrag wurde zunächst die historische Bedeutung des Achtstundentags hervorgehoben. Der sozialistische Unternehmer Robert Owen forderte bereits im 19. Jahrhundert die Aufteilung des Tages in „8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit, 8 Stunden Schlaf“. In Deutschland wurde der Achtstundentag 1918 nach der Novemberrevolution als großer Erfolg der Arbeiterbewegung gesetzlich verankert. Die Furcht des Kapitals vor einem sozialistischen Umsturz war damals so groß, dass man den Gewerkschaften entgegenkam (Stinnes-Legien-Abkommen). Doch bereits in der Weimarer Republik wurde diese Errungenschaft wieder aufgeweicht und zuletzt unter Kohl 1994. Die geplante Reform jetzt geht dabei noch einen Schritt weiter.
Flexibilisierung – warum noch mehr und für wen eigentlich?
Die Bundesregierung verkauft die geplanten Änderungen als Flexibilisierung zugunsten der Arbeitnehmer:innen oder zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Erfahrung und die Geschichte zeigen jedoch, dass solche Flexibilisierungen meist zu Lasten der Beschäftigten gehen und nur für die Arbeitgeberseite mehr Freiheiten bedeuten. Außerdem: Die gesetzliche Grundlage erlaubt bei einer 5-Tage-Woche schon jetzt eine mögliche Arbeitszeit von 9,6 Stunden pro Tag. Denn der Achtstundentag kann auch zu einem Zehnstundentag erweitert werden, sofern der Schnitt der werktäglichen Arbeitszeit über ein halbes Jahr gesehen nicht über 8 Stunden steigt (und der Samstag als Werktag mitgerechnet wird!). Laut einer Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung) geben nur 30 % der Vollzeit-Beschäftigten an, dass sie NIE mehr als 10 Stunden pro Tag arbeiten, während 10 % häufig und 24 % hin und wieder mehr als 10 Stunden pro Tag arbeiten. Im Übrigen lehnen laut einer weiteren Studie 73 % der Beschäftigten eine unbegrenzte tägliche Arbeitszeit ab.
Was ist denn genau das Problem bei dem Vorhaben?
Die geplante Umstellung auf eine reine Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden könnte dazu führen, dass Beschäftigte künftig regelmäßig an fünf Tagen pro Woche jeweils zehn Stunden oder mehr arbeiten müssen – ohne entsprechenden Ausgleich. Wenn darüber hinaus nur noch die gesetzliche Ruhezeit von 11 Stunden gelten soll, wäre beispielsweise eine 4-Tage-Woche mit 13-Stunden-Schichten rechtlich möglich. Dabei ist arbeitswissenschaftlich belegt, dass nach 8 Stunden Arbeitszeit die Konzentration und Leistungsfähigkeit abnehmen, die Unfallgefahr steigt und gesundheitliche Risiken bei den Beschäftigten insgesamt zunehmen. Bei "manuellen" Berufen wie in der Pflege, in der Krankenversorgung, in Kitas, selbst bei Fluglotsen etc. kann man sich ausmalen, was das für die Menschen bedeutet. Besonders auf dem Bau können Beschäftigte dann in noch längere Schichten gesteckt werden, damit die Baustelle in noch kürzerer Zeit fertig wird. Im Gastrogewerbe etwa könnten total unplanbare Arbeitszeiten – je nach Bedarf – entstehen, auf die die Beschäftigten sich dann noch schlechter einstellen können.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ein leeres Versprechen
Die Regierung argumentiert, die Reform diene der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Selbst die taz feiert die Vorschläge der Regierung und meint, dass man an weniger Tagen mehr Stunden arbeiten und dafür die freien Tage etwa für Arztbesuche oder Einkäufe im Supermarkt nutzen könne. Doch die Realität sieht anders aus: Gerade Beschäftigte ohne Tarifvertrag könnten zu längeren Arbeitszeiten ohne Ausgleich gezwungen werden, während die notwendige Infrastruktur – etwa längere Öffnungszeiten von Kitas – fehlt. Zudem droht durch eine Arbeitszeitverlängerung eine weitere Zementierung der traditionellen Rollenverteilung, da Frauen nach wie vor den Großteil der Sorgearbeit übernehmen, mehr in Teilzeit arbeiten und im Vergleich zu den Männern weniger Überstunden machen.
Die Linke Mörfelden-Walldorf fordert: Achtstundentag verteidigen!
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Pläne zur Abschaffung des Achtstundentags zurückzunehmen. Der Achtstundentag ist eine unverzichtbare Errungenschaft des Arbeitsschutzes und der sozialen Gerechtigkeit. „Wir stehen solidarisch an der Seite der Gewerkschaften und aller Beschäftigten, die sich gegen diese Verschlechterung der Arbeitsbedingungen wehren“, so das Fazit der Mitgliederversammlung.
