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E-Scooter sind nicht Teil innovativer Verkehrspolitik für Mörfelden-Walldorf

Philipp Stiebler, Ortsverband

Kritik an den Plänen der Doppelstadt zur Einführung eines E-Scooter-Leihsystems.

Während Städte wie Paris, Köln oder Düsseldorf E-Scooter inzwischen als handfestes Problem erkannt haben und sie am liebsten wieder loswerden möchten, [1] [2] [3] will die Stadt Mörfelden-Walldorf dieses tote Pferd unbedingt noch reiten. Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 28. September 2021 soll die Einführung eines E-Scooter-Leihsystems geprüft werden. [4] Dabei sprechen genügend Gründe gegen den Verleih von E-Scootern als Teil innovativer und nachhaltiger Verkehrspolitik.

 

1. Umweltbilanz

Studien, die die gesamte Emissionsbilanz von E-Scootern inklusive Materialgewinnung, Herstellung und Nutzung untersuchten, geben einen Wert zwischen 88 und 126 Gramm Kohlendioxid pro Kopf und Kilometer an. [5] Im Vergleich zum Pkw mit 140 Gramm pro Personenkilometer ist das nicht viel weniger. [6] Um überhaupt von einer positiven Klimabilanz von E-Scootern sprechen zu können, müssten Autofahrten in der Stadt außerdem ersetzt werden. Aktuelle Studien aus Berlin und Dresden zeigen jedoch, dass E-Scooter in den allermeisten Fällen gerade keine Autofahrten ersetzen, sondern vielmehr Strecken, die genauso gut zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV hätten bewältigt werden können. [7]

E-Scooter sind zudem alles andere als nachhaltige Verkehrsmittel. Die meisten kommen aus China, werden dort billig und in schlechter Qualität produziert. Zusätzlich sind sie in Städten ein beliebtes Ziel für Vandalismus. [8] Die Lebensdauer von E-Scootern im Verleihbetrieb ist damit lächerlich gering, eine US-Studie geht von nur durchschnittlich etwa 29 Tagen aus. [9] Für jedes einzelne dieser Fahrzeuge ist die Herstellung des Akkus aber enorm ressourcenintensiv und umweltschädlich. Wenn E-Scooter zudem nicht an festen Ladestationen geladen werden, wird die Umweltbilanz noch schlechter: Transporter müssen die Fahrzeuge einsammeln, zur Ladestation fahren und anschließend wieder verteilen. [5]

 

2. Verkehrssicherheit

Für die Nutzer:innen selbst bergen E-Scooter eine hohe Verletzungsgefahr. Bauartbedingt haben sie eine geringere Fahrstabilität als etwa Fahrräder und viele Menschen überschätzen ihre Fähigkeiten durch die zunächst einfach scheinende Bedienung der Fahrzeuge. Da E-Scooter als spontane Verkehrsmittel „für die letzte Meile“ beworben werden, ist das Tragen von Helmen zudem praktisch nicht verbreitet. [10] Studien zufolge sind Unfälle mit E-Scootern daher auch besonders schwerwiegend, vor allem was Verletzungen im Kopfbereich betrifft. [11] Auch für Fußgänger sind die schnellen und lautlosen Fahrzeuge eine Gefahr. [7] Denn obwohl das Fahren mit E-Scootern auf Gehwegen verboten ist, weichen viele Fahrer:innen genau dorthin aus, wenn Radwege nicht vorhanden sind oder das Fahren auf der Fahrbahn als zu unsicher eingeschätzt wird. [7]

Zu guter Letzt stehen oder liegen Leihscooter ohne feste Parkplätze oft als Hindernisse im öffentlichen Raum herum, was beispielweise für Sehbehinderte bereits zu einem ernsthaften Problem geworden ist. [12]

 

3. Kosten

Während für den ÖPNV in Deutschland durchschnittlich zehn bis zwölf Cent pro Kilometer anfallen, kostet ein Leih-Scooter pro Kilometer einen Euro bis 1,50 Euro. Dadurch entstehen kaum Anreize, längere Strecken zu fahren und das Auto mal stehen zu lassen. Verkehrsexperten kommen daher zu dem Schluss, dass E-Scooter auch zwei Jahre nach ihrer Einführung in Deutschland im Stadtverkehr ein Nischendasein führen und stattdessen überwiegend für „Erlebnisfahrten“ genutzt werden. [13]

Dafür also zahlen viele Kommunen blindlings eine Menge Geld an Scooter-Verleiher, für die das Geschäft mit dem Elektroschrott nach eigenen Angaben immer noch gut läuft. [13] Was von E-Scootern schließlich übrigbleibt, ist ein weiteres spätkapitalistisches Wohlstandsprodukt ohne Sinn und Verstand.

 

Fazit

Mit einem Verleih von E-Scootern schafft die Stadt Mörfelden-Walldorf lediglich ein fehlgeleitetes Freizeitangebot auf Kosten von Umwelt und Verkehrssicherheit, für das sie auch noch tief in die Tasche greifen muss. Sie möchte damit einem Trend hinterherlaufen und sich einen urbanen Anstrich geben, obwohl in beiden Ortsteilen wohl wenige „letzte Meilen“ zusammenkommen dürften, die die Bürger:innen mit E-Scootern bewältigen könnten.

Unter innovativer Verkehrspolitk verstehen wir die Förderung von umweltfreundlichen Verkehrsarten bei gleichzeitiger Einschränkung des Autoverkehrs in der Stadt. Das bedeutet vor allem den Ausbau des ÖPNV sowie die Schaffung sicherer Rad- und Fußwege.